Die einzelnen Therapieverfahren

Frau auf der Couch

Im Folgenden stellen wir Ihnen die Therapieverfahren vor, die an unserem Institut und in den Ambulanzen als Behandlungsverfahren angeboten werden.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Die Psychotherapie-Richtlinien in der Fassung vom 23.10.1998, B, I - 1.1.1 formulieren:
"Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie umfasst ätiologisch orientierte Psychotherapieformen, mit welchen die unbewusste Psychodynamik aktuell wirksamer neurotischer Konflikte unter Beachtung von Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand behandelt werden. Eine Konzentration des therapeutischen Prozesses wird durch Begrenzung des Behandlungszieles, durch ein vorwiegend konfliktzentriertes Vorgehen und durch Einschränkung regressiver Prozesse angestrebt. Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie gelangt auch in jenen Fällen zur Anwendung, in denen eine längerfristige therapeutische Beziehung erforderlich ist. Als Sonderformen können zur Anwendung kommen: Kurztherapie, Fokaltherapie, dynamische Psychotherapie und niederfrequente Therapie in einer längerfristigen, Halt gewährenden therapeutischen Beziehung."

Die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie basiert zunächst auf "Sinnkonstruktionen", also Modellen mit Hypothesencharakter zum Verständnis sehr komplexer Systemzusammenhänge, die hilfreich sind zur Heilung oder Linderung von Störungen, bei denen psychische Faktoren relevant sind.

Ein Grundgedanke in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie ist die Annahme, dass psychische Störungen auch verstanden werden können als durchaus "sinnvolle" Abwehr- oder Selbstheilungsversuche eines bedrängten Selbst oder Ichs.

Wie in einigen anderen Verfahren wird hier die individuelle, psychotherapeutische Beziehung in ihrer Dynamik im Psychotherapieprozess als hilfreiche Beziehung verstanden ("der Mensch wird am Du zum Ich" - so Martin Buber), die durch eine besondere Haltung auch "heilend" wirken kann: In Bindungsschemata und im Beziehungsverhalten können nicht nur diagnostische und therapeutische Erkenntnisse gewonnen und verstanden werden, sondern in der Reinszenierung auch unmittelbar erlebt und durch "Deutung und Durcharbeiten" im günstigen Falle überwunden werden.

Weitere Annahmen sind vielleicht die Konstrukte der bewussten und unbewussten Psychodynamik von Konflikten, die Annahme einer Wechselwirkung zwischen "aktuell wirksamem Konflikt und lebensgeschichtlich sowie biologisch verfestigter Struktur bei der Symptommanifestation" und das Bemühen um "einfühlendes Erkennen" dieser individuellen Sinnhaftigkeit der seelischen Störungsdynamik. Hinzu kommen Hypothesen zur Ätiologie, der aktuell wirksamen Pathogenese, der resultierenden Symptomatik und ihrer Wandelbarkeit in den möglichen Symptomverschiebungen, auch in Abhängigkeit der individuell–unbewussten Sinnkonstruktionen des Patienten.

Einer eher wissenschaftstheoretischen Überlegung gilt die Berücksichtigung der "psychotherapeutischen Unschärferelation": Je mehr sich die Psychotherapie dem Erleben in der therapeutischen Beziehung entzieht und das Krankheitsgeschehen etwa durch "Zähl-Raster" zu objektivieren versucht, desto mehr wird die heilende, intuitive Beziehung in der Psychotherapie verschlossen. Andererseits kann aber die Vermittlung von Kompetenzen nur dann erfolgen, wenn Effekte in der Therapie replizierbar, verstehbar und vermittelbar werden. Von daher ist die kritische Reflexion eigenen psychotherapeutischen Erlebens und des Wahrgenommenen durch Bezugnahme auf eine Therapietheorie unerlässlich.

Neben der objektivierenden Sichtweise im Sinne einer experimentellen, operationalen und messbaren Perspektive ist damit auch das Subjektive in der Psychotherapie ganz wesentlich für ein effizientes psychotherapeutisches Vorgehen: Je nach Störungsdynamik oder Indikation kann entweder die Entfaltung der therapeutischen Beziehung oder der Einsatz von spezifischen therapeutischen Interventionen im Therapieprozess hilfreich unterstützt werden. Dies wird in der Ausbildung gefördert durch die Selbsterfahrung und die Aneignung von Basiskompetenzen aus den erlebnisorientierten Perspektiven. Damit ist auch das zweite wesentliche Merkmal der Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie als psychodynamisches Verfahren benannt: die fokussierte Arbeit an der Störung – die des Themas und die der Technik.

In der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie (TP) wird anders als in der Psychoanalyse auf bestimmte Konflikte und somit auch auf eine damit verbundene Symptomatik fokussiert und eine Veränderung in diesem Bereich angestrebt. Im Mittelpunkt der therapeutischen Arbeit steht die aktuelle Symptomatik, z. B. Depressionen, und der damit verbundene innerseelische und lebensgeschichtliche Konflikthintergrund. Es wird dabei ein Bezug zwischen den heute auftretenden Gefühlen und den früheren Erfahrungen hergestellt.

Versucht wird, auf Basis dieses Nacherlebens früherer, verdrängter oder unbewusster Gefühle diese aufzuarbeiten, um langfristig ein besseres Verständnis für sich und einen flexibleren Umgang mit der aktuellen Konfliktsituation entwickeln zu können. Dies setzt die Fähigkeit der/s PatientIn zur (kritischen) Selbstreflexion sowie das Einlassen auf einen längeren, innerpsychischen Prozess voraus. In der Regel werden zunächst 50 Behandlungsstunden beantragt bei einer Frequenz von 1mal wöchentlich.

Psychoanalyse

In der Weiterentwicklung der psychoanalytischen Behandlungsmethode nach Freud hat sich der Fokus dieser Therapieform von der „Störung“ der/s PatientIn auf das komplexe Wechselspiel der unbewussten Prozesse zwischen AnalytikerIn und PatientIn verlagert. Die Hauptbehandlungstechnik der Psychoanalyse ist somit die Beziehungssituation zwischen TherapeutIn und PatientIn. In dieser Beziehungsarbeit fördert und begleitet die/der TherapeutIn einen innerpsychischen Prozess von Erinnern, Wiedererleben und Durcharbeiten verdrängter und unbewusster innerpsychischer Prozesse der/s PatientIn.

Dabei wird eine Unterscheidung in dem Behandlungssetting in der klassischen Psychoanalyse von der modifizierten Psychoanalyse getroffen. In der klassischen Psychoanalyse liegt die/der PatientIn auf einer Couch und die/der AnalytikerIn sitzt dahinter, um den freien Gedankenfluss und das freie Assoziieren dessen, was gerade ins Bewusstsein der/s PatientIn kommt, besser ohne Scham erzählen (lassen) zu können. Die Psychoanalyse geht davon aus, dass diese freie Assoziation neben dem Traum den Zugang zu unbewussten Prozessen ermöglicht.

In der modifizierten Psychoanalyse findet die Therapie im Sitzen statt. Weiter ist für dieses Therapieverfahren die Häufigkeit der Sitzungen entscheidend; in der klassischen häufig 4-5mal wöchentlich und in der modifizierten psychoanalytischen Therapie meistens 2-3mal wöchentlich. Da in diesem Verfahren nicht so sehr, wie in der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, die Arbeit an einem konkreten Konflikt im Fokus steht, sondern viel mehr das Arbeiten an der grundlegenden Struktur einer Persönlichkeit, erklärt sich die höhere Frequenz und längere Behandlungsdauer.

Verhaltenstherapie

Die verhaltenstherapeutischen Therapiemethoden basieren auf Erkenntnissen der wissenschaftlichen Psychologie. Die Verhaltenstherapie ist um Transparenz bemüht und möchte den/ die Patienten/in befähigen seine/ ihre Probleme besser zu verstehen und bewältigen zu können. Sie integriert fortlaufend neue empirische Erkenntnisse in ihre Modelle und Theorien. Psychischen Störungen liegen multifaktorielle- bio-, psycho-, soziale Erklärungsmodelle zugrunde. Neben Lernprozesse werden auch innere Verarbeitungsprozesse und ihre Auswirkungen auf das psychische Wohlbefinden verstärkt in den Blick genommen. In den letzten Jahren wurden zudem Akzeptanz-, achtsamkeitsbasierte, schemaorientierte Verfahren in die verhaltenstherapeutische Arbeit integriert.

Aktuelle Probleme stehen im Fokus einer verhaltenstherapeutischen Behandlung. Hierzu wird im Rahmen einer Verhaltens- und Bedingungsanalyse eine genaue Analyse der beschriebenen Problematik durchgeführt. Es wird versucht herauszufinden, welche äußeren und inneren Bedingungen zur Auslösung und Aufrechterhaltung der Probleme beitragen und welche Ressourcen schon vorhanden sind. Die erarbeiteten Ergebnisse werden mit dem/ der Patienten/in besprochen sowie Ziele und Erwartungen in Bezug auf die Therapie geklärt. Der/die PatientIn soll durch ein besseres Verständnis seiner/ ihrer Problematik und dem Erlernen neuer Bewältigungsmöglichkeiten zu einer besseren Selbsthilfe befähigt werden.

Es gibt eine Vielzahl störungsübergreifender und störungsspezifischer Behandlungstechniken und Behandlungsmanuale für psychische Störungen. Die Behandlungsstrategien und -techniken werden nach der Analyse der Problematik individuell auf die Probleme des/der Patienten/in angepasst. VT Therapeuten/innen verfügen über Kenntnisse der aktuellen evidenzbasierten Leitlinien, konkreten Theorien und Therapiemethoden. Patienten sollen nicht nur neue Einsichten gewinnen, sondern auch motiviert werden, Neues auszuprobieren. Eine vertrauensvolle TherapeutIn- PatientIn- Beziehung ist in der VT Voraussetzung für den Therapieerfolg. Im Prozess wird gemeinsam fortlaufend mit dem/der Patienten/in evaluiert, wie wirksam und hilfreich die Therapieschritte sind.

Systemische Therapie

Ausgangspunkt der Systemischen Therapie ist, dass nichts isoliert existiert, sondern alles in Beziehung zu einander steht. Die Teile des Systems stehen in Wechselwirkung miteinander und Veränderungen in einem Element wirken sich auf die anderen Elemente aus. Probleme und Störungen entwickeln sich in einem sozialen Umfeld. Daher werden auch Angehörige und Freunde häufig mit in die Therapie einbezogen. In der systemischen Einzelarbeit können sie fiktiv mit einbezogen werden. Symptome und Probleme werden nicht als Fehlverhalten und Defizite betrachtet, sondern als misslungene Lösungsversuche für eine aktuelle oder frühere schwierige Situation. In der psychotherapeutischen Arbeit wird dementsprechend der Sinn und die Funktion des Symptoms im vergangenen oder jetzigen Lebenszusammenhang beleuchtet. Die Systemische Therapie beinhaltet eine Vielzahl von Verfahren und Methoden wie z.B. Skulpturarbeit, Genogramm, zirkuläres Fragen, Refraiming, Reflekting Team.